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Englischer Käse - bitte weiterlesen!

Heute gibt es kein Rezept, sondern eine kleine Geschichte über Käse von der Insel. Bei meinem Besuch im Viadukt in Zürich habe ich natürlich auch eingekauft. Unter anderem englischen Käse. Das British Cheese Center verkauft in der Markthalle im Zürcher Westen, Käse aus verschiedenen Grafschaften Englands. Der Inhaber - Michael - war bei unserem Besuch anwesend. Bei einem kurzen Gespräch sagte ich ihm, dass ich davon ausgehe, dass seine Kundschaft zu einem grossen Teil englischsprachig sei - immerhin wohnen alleine im Kanton Zürich mehr als 7'000 britische Staatsbürger. Das hat er entschieden verneint. Es seien hauptsächlich Schweizer die seinen angebotenen Käse und dessen Qualität schätzen. Das weckte mein Interesse!

England hat eine sehr lange Käsetradition. Schon vor tausenden von Jahren wurde auf der Insel Käse produziert. Eine Hochblüte erreichte die Käserei im 19. Jahrhundert, als quer durch das Königreich auf vielen Farmen lokale Käsesorten hergestellt wurden. Die Zeit des 2. Weltkrieges war dann die Zeit der Rationierung. Die Regierung hatte die Verteilung der Milch und somit auch die Käseherstellung unter ihrer Kontrolle, was zur Folge hatte, dass es nach dem Ende des Krieges weniger als 100 Produzenten gab. Im Gegensatz zu über 3'000 am Ende des 19. Jahrhunderts! Heute liegt Grossbritannien bei der weltweiten Käseherstellung an 9. Stelle.

Ich habe mich bei meiner Auswahl für zwei Cheddarvarianten entschieden - Godminster Bio Cheddar und einen Rohmilch Cheddar von der Isle of Mull. Ausserdem habe ich noch den Ziegenkäse "Rachel" und den Bio Stilton Cropwell Bishop PDO gekauft.

Cheddar Käse wird heute in vielen Ländern hergestellt. Mit Grauen erinnere ich mich an die Cheddar-Sprühdose, die auf Partys während meiner Zeit in den USA Anfang der Neunziger Jahre die Runde machte. Auch wenn dies ein ganz besonders abartiges und schlechtes Beispiel ist und vielerorts gute Qualität hergestellt wird - nur jener Cheddar der in den Grafschaften Somerset, Devon, Dorset und Cornwall produziert wird, erhält die geschützte Ursprungsbezeichnung "West Country Farmhouse Cheddar" und kommt somit aus dem Cheddar-Kernland. Ursprünglich stammt er aus dem gleichnamigen Ort in der Grafschaft Somerset wo er früher in Höhlen, mit optimaler Feuchtigkeit und Temperatur gereift ist.

Godminster Bio Cheddar (oben links): Er stammt aus Bruton, Somerset. Die Konsistenz ist cremig, der Geschmack mild und ausgewogen. Der runde Käse ist in eine Wachshülle eingepackt. Dadurch konnte ich ihn ein paar Tage länger als bei Käse üblich, im Kühlschrank aufbewahren.

Rohmilch Cheddar (oben rechts): Ein Hartkäse von der schottischen Isle of Mull. Dort stelle ich es mir rau und ungemütlich vor. Genauso hat es sich mit diesem Käse verhalten. Ein bisschen zuviel Schärfe auf der Zunge, insgesamt für meinen Gaumen zu unausgewogen.

Stilton ist wohl einer der bekanntesten englischen Käse. Sein charakteristisches Merkmal sind die blauen Adern die ihn durchziehen. Diese entstehen im Gegensatz zu BlauSCHIMMELkäse, wie etwas Roquefort oder Gorgonzola, mittels rostfreien Stahlnadeln mit denen Luft in das Innere des Käse gelangt.

Nur wenn er in den Grafschaften Derbyshire, Leicestershire und Nottinghamshire und den Regeln entsprechen (z.B. ausschliesslich mit pasteurisierter Milch) hergestellt wird, darf er sich Stilton nennen. Dann erhält er auch die Ursprungsbezeichnung "Protected Geographical Status - PDO". Kurioserweise darf deshalb Käse der in der gleichnamigen Ortschaft in der Grafschaft Cambridgeshire hergestellt wird, nicht als solcher bezeichnet werden. Stilton der ausserhalb des PDO Gebietes hergestellt wird, wird oft als British Blue Cheese bezeichnet.

Klassischerweise wird Stilton mit Portwein genossen. Er kann aber auch wie jeder andere Blaukäse für die kalte und warme Küche verwendet werden. Habt ihr auch schon mit Stilton gekocht? Welches sind eure Lieblingsrezepte?

Bio Stilton Cropwell Bishop PDO (oben links): Feiner Geschmack, überhaupt nicht scharf. Auch pur, ohne Brot gegessen, war er ein Genuss.

Zu guter Letzt gabe es nochden Ziegenhartkäse "Rachel" (oben rechts). Er erinnerte mich entfernt an einen jungen Pecorino. Eher dezent und trotzdem sehr schmackhaft.

Fazit: Cheddarkäse und ich werden keine Freunde. Obwohl die Qualität des Godminster sicher top ist, und er im Moment auch fein war - auf Dauer wäre er mir zu "unspektakulär". Wobei sich dann wieder die Frage stellt: muss er das sein? Der Rohmilch Cheddar von der Isle of Mull war mir, wie schon erwähnt, zu unausgewogen. Diesem ziehe ich einen guten Schweizer Hartkäse vor. Die beiden anderen Käse waren sehr fein und ich würde sie bei Gelegenheit sofort wieder kaufen. Und um auf meine Überschrift zurückzukommen - ich habe ein weiteres Vorurteil in Bezug auf Lebensmittel aus Grossbritannien abgelegt. Es werden hervorragende Produkte nach dem Grundsatz bio, lokal, saisonal und ökologisch nachhaltig produziert. Sie sind es wert probiert zu werden.

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Kommentare

  1. lamiacucina
    9.04.2011

    Hoffentlich verpackt der Laden den Käse nicht nur so wunderhübsch, sondern schreibt ihn auch an. Spätestens zuhause habe ich längst vergessen, was ich überhaupt eingekauft habe.

  2. daniela
    12.04.2011

    Tolle Zusammenfassung! Englischen Käse liebe ich seit unserem Südenglandurlaub 2009.
    Mir geht's da aber immer wie Robert - wenn nix beschriftet ist, merk ich mir nicht einen einzigen...

  3. Birgit
    12.04.2011

    Zur Aufklärung: der Käse war beschriftet, das Zellophan fand ich dann aber doch nicht so fotogen, man soll schliesslich den Käse sehen, nicht das Etikett;-) Und ich habe mir von Anfang an Notizen gemacht und hin und her probiert. Jetzt kenne ich alle 4 auswendig...

  4. Eline
    13.04.2011

    Vielen Dank für diese schöne Käseplatte! !ch mag viele englische Käse vom Shropshire Blue bis zum legendären Stinking Bishop. Cheddar ist so eine Sache. Der säuerlich-bittere Geschmack ist manchmal zu intensiv. Aber wenn er ausgewogen gemacht ist, gehört er doch zu meinen Favoriten.
    Ich bin auch immer ganz begeistert, wie gut und vielfältig in UK das Angebot an Bio-Produkten ist.

  5. bolliskitchen
    14.04.2011

    Ist es nicht wie überall? Ich habe auch schon in Ö. verdammt guten Bergkäse gegessen, in D. auch, man meint halt immer nur, F sei führend,d abei gibt es viele, kleine regionale Käsereien all over the world.

  6. Birgit
    14.04.2011

    @Eline: ich würde gerne wieder mal in einem Bio-Supermarkt in GB einkaufen gehen. Dort wo es z.B. Bio-Trockenhefe in 150g Dosen gibt;) Bei uns renne ich von Pontius zu Pilatus um am Ende ein 11g Säckchen in Händen zu halten.

    @bolliskitchen: tja, das ist der fehlende Blick über den eigenen Tellerrand. Es lohnt sich aber. Wir werden Ende Mai nach Frankreich fahren und ich bin schon jetzt sehr gespannt auf die regionalen Produkte die wir hoffentlich entdecken werden.

    • bolliskitchen
      20.04.2011

      kommt ganz auf die Region an, wo Ihr hinfahrt....

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